Was ist subsidiaritätsprinzip?

Das Subsidiaritätsprinzip ist ein Organisationsprinzip, das besagt, dass Aufgaben und Verantwortlichkeiten zunächst von der untersten, bürgernächsten Ebene wahrgenommen werden sollen. Höhere Ebenen dürfen erst dann tätig werden, wenn die unteren Ebenen mit der Erfüllung ihrer Aufgaben überfordert sind oder die Aufgabe effektiver von einer höheren Ebene erledigt werden kann.

Kernpunkte des Subsidiaritätsprinzips:

  • Vorrang der unteren Ebene: Die unterste Ebene (Familie, Gemeinde, Verein etc.) hat Vorrang bei der Erledigung von Aufgaben.
  • Hilfe zur Selbsthilfe: Höhere Ebenen sollen nur dann eingreifen, wenn die unteren Ebenen nicht in der Lage sind, die Aufgabe selbst zu bewältigen. Es geht also um "Hilfe zur Selbsthilfe" und nicht um eine vollständige Übernahme der Verantwortung.
  • Kompetenzverteilung: Das Prinzip beeinflusst die Verteilung von Kompetenzen zwischen verschiedenen Ebenen (z.B. zwischen EU und Nationalstaaten, zwischen Bund und Ländern, zwischen Gemeinden und Landkreisen).
  • Bürgernähe: Durch die Verlagerung von Entscheidungen auf die unterste Ebene soll die Bürgernähe erhöht und die Demokratie gestärkt werden.
  • Effizienz: Die Aufgaben sollen von der Ebene erledigt werden, die dies am effizientesten kann.

Anwendung:

Das Subsidiaritätsprinzip findet Anwendung in verschiedenen Bereichen:

  • Europäische Union: Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union regelt die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips auf EU-Ebene. Die EU darf nur dann tätig werden, wenn die Ziele der geplanten Maßnahme von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher besser auf Unionsebene zu verwirklichen sind. (Subsidiaritätsprinzip%20in%20der%20EU)
  • Deutschland: Im deutschen Föderalismus spielt das Subsidiaritätsprinzip eine wichtige Rolle bei der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. (Subsidiaritätsprinzip%20im%20deutschen%20Föderalismus)
  • Sozialwesen: Im Sozialwesen bedeutet Subsidiarität, dass staatliche Leistungen erst dann in Anspruch genommen werden sollen, wenn die Betroffenen nicht in der Lage sind, sich selbst zu helfen oder auf die Hilfe von Familie, Freunden oder gemeinnützigen Organisationen zurückzugreifen. (Subsidiarität%20im%20Sozialwesen)
  • Kirchliche Soziallehre: Das Subsidiaritätsprinzip ist ein zentrales Element der katholischen Soziallehre. (Subsidiaritätsprinzip%20in%20der%20kirchlichen%20Soziallehre)

Kritik:

Kritiker bemängeln, dass das Subsidiaritätsprinzip schwer operationalisierbar ist und oft dazu genutzt wird, Verantwortung nach unten abzugeben, ohne die notwendigen Ressourcen bereitzustellen. Auch die Frage, wann eine untere Ebene "überfordert" ist, kann unterschiedlich interpretiert werden.