Was ist historismus?

Historismus ist eine künstlerische und architektonische Bewegung, die im 19. Jahrhundert entstand und bis in das frühe 20. Jahrhundert hineinreichte. Sie war eine Reaktion auf den vorherrschenden Klassizismus und den Einfluss der Industrialisierung. Der Historismus umfasste verschiedene Stile und Strömungen, die auf historische Epochen und Stile zurückgriffen, wie beispielsweise Gotik, Renaissance, Barock oder Rokoko.

Der Historismus hatte das Ziel, vergangene Stile und Kunstformen wieder aufleben zu lassen und ihnen ein neues Leben zu geben. Es wurden dabei oft bestimmte Merkmale oder Elemente eines bestimmten Stils übernommen und neu interpretiert. Der Historismus spiegelte die Sehnsucht nach einer idealisierten Vergangenheit wider und war oft mit einem romantischen oder nostalgischen Gefühl verbunden.

Besonders in der Architektur des Historismus sind zahlreiche Beispiele zu finden, wie zum Beispiel Schlösser, Kirchen oder Rathäuser, die Stilelemente aus verschiedenen Epochen kombinieren. Auch in der Malerei, Skulptur, Möbel- und Schmuckdesign sowie in der Mode spielte der Historismus eine wichtige Rolle.

In Deutschland war der Historismus besonders während der Gründerzeit (1871-1914) verbreitet, als die Industrialisierung zu einem wirtschaftlichen Aufschwung führte und viele repräsentative Gebäude im historistischen Stil errichtet wurden. Auch der englische und der französische Historismus hatten große Einflüsse auf die künstlerischen und architektonischen Entwicklungen der Epoche.

Mit dem Aufkommen des Jugendstils und der Moderne in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verlor der Historismus an Bedeutung und geriet zunächst in Vergessenheit. In den letzten Jahrzehnten wurde er jedoch wiederentdeckt und ist heute als Stilrichtung in der Architektur und Kunst gefragt, insbesondere im Denkmalschutz und in der Restaurierung historischer Gebäude.