Was ist radikalenerlass?

Der Radikalenerlass (auch Berufsverbot genannt) war eine politische Maßnahme, die in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg erlassen wurde. Er hatte zum Ziel, extremistische Mitarbeiter im öffentlichen Dienst zu identifizieren und auszuschließen.

Der Erlass wurde im Juni 1972 von der damaligen sozial-liberalen Regierung unter Bundeskanzler Willy Brandt und Innenminister Hans-Dietrich Genscher beschlossen. Er richtete sich vor allem gegen Mitarbeiter im Bildungs- und Erziehungsbereich, da diese als besonders einflussreich in der Meinungsbildung von Kindern und Jugendlichen angesehen wurden.

Der Erlass ermöglichte den Behörden, extremistische Aktivitäten von Mitarbeitern zu überprüfen und gegebenenfalls ein Berufsverbot auszusprechen. Dabei wurde vor allem auf Verbindungen zu linksextremen oder rechtsextremen Organisationen oder Aktivitäten geachtet. Die Praxis der Überprüfung wurde allerdings oft sehr pauschal und ohne genaue Beweise durchgeführt, was zu vielen Fehlentscheidungen und Unrecht führte.

Der Radikalenerlass wurde seit seiner Einführung stark kritisiert. Gegner argumentierten, dass er gegen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit und die Unschuldsvermutung verstoße. Außerdem wurde oft bemängelt, dass der Erlass nur politisch links orientierte Mitarbeiter betraf und somit eine einseitige Maßnahme war.

Nach den Protesten und öffentlichen Diskussionen über die Auswirkungen des Radikalenerlasses wurde er in den 1980er Jahren in vielen Bundesländern abgeschafft oder stark gelockert. Heute gilt er als ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte und steht stellvertretend für die Einschränkung von Grundrechten im Namen des Kampfes gegen Extremismus.

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