Was ist verwirkung?

Verwirkung

Verwirkung ist ein Rechtsbegriff, der besagt, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn der Berechtigte sich über einen längeren Zeitraum hinweg so verhalten hat, dass der Verpflichtete darauf vertrauen durfte, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht wird. Es handelt sich um einen Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und basiert auf dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Wesentliche Voraussetzungen:

  • Zeitmoment (Zeitablauf): Es muss eine gewisse Zeit verstrichen sein, in der der Berechtigte sein Recht nicht geltend gemacht hat. Wie lange dieser Zeitraum sein muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Es gibt keine festen Fristen.

  • Umstandsmoment (Vertrauensgrundlage): Das Verhalten des Berechtigten muss beim Verpflichteten den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr ausüben wird. Dies kann beispielsweise durch ausdrückliche Erklärungen oder schlüssiges Verhalten geschehen.

  • Vertrauensdisposition: Der Verpflichtete muss im Vertrauen auf die Nichtgeltendmachung des Rechts Dispositionen getroffen haben, die ihm nachteilig wären, wenn das Recht nun doch ausgeübt würde. Das bedeutet, er muss sich in seinem Verhalten auf die Nichtgeltendmachung eingerichtet haben und dadurch einen Nachteil erleiden.

Rechtsfolge:

Liegen die Voraussetzungen der Verwirkung vor, kann der Berechtigte sein Recht nicht mehr geltend machen. Die Geltendmachung des Rechts würde gegen Treu und Glauben verstoßen und wäre daher unzulässig.

Beispiele:

  • Ein Vermieter duldet jahrelang, dass der Mieter die Miete unpünktlich zahlt, ohne dies zu beanstanden. Er kann später nicht mehr mit der Begründung der unpünktlichen Mietzahlung kündigen, wenn der Mieter darauf vertraut hat, dass die unpünktliche Zahlung akzeptiert wird.

  • Ein Arbeitgeber beanstandet über einen langen Zeitraum hinweg eine bestimmte Arbeitsweise eines Mitarbeiters nicht. Er kann diese Arbeitsweise später nicht mehr als Kündigungsgrund anführen, wenn der Mitarbeiter im Vertrauen darauf seine Arbeitsweise beibehalten hat.

Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten:

Die Verwirkung ist abzugrenzen von der Verjährung, die an feste Fristen gebunden ist. Auch von dem Rechtsmissbrauch unterscheidet sich die Verwirkung. Beim Rechtsmissbrauch geht es primär um die Schikanierung des Gegners, während bei der Verwirkung der Vertrauensschutz im Vordergrund steht.